Pressespiegel

„Wortakrobaten“ und „Physikanten“: Wenn Lernen in den Ferien Spaß macht

Landrat Manfred Ostermann besucht „Summer School“ der KGS Schneverdingen

Autor Marcus Kautz berichtet im Heidekurier vom 2. August 2020 auf Seite 2 über die Sommerschule an der KGS Schneverdingen

„School’s out for summer“ heißt es im Hit der US-amerikanischen Hardrock-Band Alice Cooper. Weil der Song bereits im Jahr 1972 aufgenommen wurde, gibt es sicher nur wenige Schüler in der Kooperativen Gesamtschule Schneverdingen, die mit dem Titel und der Gruppe um den „Grusel-Rocker“ etwas anfangen können. Auf „ihre“ Schule trifft die Liedzeile derzeit auch nicht zu, denn die KGS hat ihre Türen auch in den Sommerferien geöffnet. „Summer School“ nennt sich das Angebot, das sich an Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 bis 8 richtet. Klassischen Frontalunterricht gibt es nicht, statt dessen laufen jeweils vormittags dreistündige Kurse, die fast alle Unterrichtsfächer abdecken. Die Mädchen und Jungen sollen etwas lernen, dabei aber vor allem jede Menge Spaß haben. Und deshalb stehen auch nicht Mathe, Erdkunde, Physik & Co. auf dem „Stundenplan“, sondern kurzweilige Angebote unter anderem für „Wortakrobaten“, „Stadt, Land, Fluss“-Experten und „Physikanten und Chemiechaniker“. Inzwischen haben sich bereits einige Kreispolitiker vor Ort über das Projekt informiert. Am vergangenen Dienstag nahm sich auch Landrat Manfred Ostermann eine Stunde Zeit, um sich ein Bild von diesem besonderen Ferienprogramm der KGS zu machen, das womöglich sogar Schule machen könnte.

Das niedersächsische Kultusministerium hatte den Schulen freigestellt, in den Sommerferien eine „Sommerschule“ anzubieten, unter anderem mit dem Ziel, Kinder mit coronabedingtem Lernrückstand besonders zu fördern. Zweieinhalb Wochen vor Beginn der Sommerferien hörte KGS-Leiter Mani Taghi-Khani in einem Gespräch mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Sebastian Zinke von dieser Möglichkeit und war sofort Feuer und Flamme. Er nahm Kontakt mit der Elternvertretung und dem Schulträger, dem Landkreis Heidekreis, auf und setzte sich mit Anna-Lena Bosselmann zusammen, die in der KGS im Gesamtschulbereich tätig ist. Zunächst galt es, die Erziehungsberichtigten zu kontaktieren, um den Bedarf zu ermitteln. Und weil es den, wie die Elternbefragung zeigte, gab, erarbeiteten Bosselmann und die pädagogischen Ganztagsmitarbeiterin Ann Weiß ein Konzept für die Sommerschule. Sie bezogen dabei die Schülerinnen und Schüler mit ein, fragten sie zum Beispiel in den Pausen, was ihnen in einer „Summer School“ besonders viel Spaß machen würde.

Mit diesem Angebot, so Schulleiter Mani Taghi-Khani, wolle die KGS ihren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, etwaige aus der Coronakrise resultierende Defizite in Sachen Unterrichtsstoff aufzuholen. „Außerdem ist es uns ein Anliegen, die Erziehungsberechtigten zu entlasten, die durch die Schulschließungen während der Coronakrise vermehrt Urlaubstage nehmen mussten, um die eigenen Kinder zu beaufsichtigen und zu betreuen“, so Taghi-Khani. Die positive Resonanz auf das in Rekordzeit kreierte Angebot war für die Initiatoren ein zusätzlicher Ansporn. „Es gab sogar Anfragen von außerhalb, von Eltern, deren Kinder nicht in der KGS beschult werden“, so Taghi-Khani: „Für unsere 103 Plätze hatten wir insgesamt 99 Interessensbekundungen. Das haben wir der Kreisverwaltung dann auch mitgeteilt.“ Der Kreisausschuss des Kreistages gab in seiner Sitzung am 13. Juli grünes Licht für Sommerschulen. Neben der KGS Schneverdingen entschied sich auch die Grund- und Oberschule (GOBS) Bispingen dazu, diese Möglichkeit zu nutzen. Dort wurden für die ersten beiden Ferienwochen Angebote für Kinder der 5. und 6. Klassen organisiert. In der Kooperativen Gesamtschule läuft das Programm für Schüler der Jahrgänge 5 bis 8 seit dem 20. Juli und noch bis zum 21. August.

In der KGS kümmert sich ein knappes Dutzend Betreuerinnen und Betreuer um die 99 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Anna-Lena Bosselmann und Ann Weiß werden von Studentinnen und Studenten sowie Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufe unterstützt. Sie alle hatten vor ihrem ersten Arbeitstag ein erweitertes Führungszeugnis vorgelegt. Taghi-Khani legte Wert darauf, dass das Engagement der Hilfskräfte finanziell honoriert wird. Und daher kostet die Sommerschule, die die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler zum Nulltarif besuchen, knapp 5.000 Euro. Der Kreisausschuss des Kreistages hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Schulen die Mittel für etwaige Honorare für Betreuungskräfte aus ihren jeweiligen Grundbeitragsmitteln nehmen sollen – ohne weitere Aufstockung. Taghi-Khani macht keinen Hehl daraus, dass er sich hier eine andere Lösung gewünscht hätte. Grundsätzlich aber sei er froh, dass die KGS das Projekt Sommerschule insbesondere auch mit Blick „auf die Entlastung der Elternhäuser“ realisieren könne: „Das ist es uns wert.“ Ostermann betonte, dass der Landkreis die Kosten für die tägliche Reinigung und Desinfektion der genutzten Räume übernehme. „Außerdem dürfen Fahrschüler kostenlos Linienbusse nutzen“, so der Landrat. Dass die Kinder in den verschiedenen Kursen, in denen sie jeweils in Kleingruppen aufgeteilt werden, mit Spass bei der Sache sind, davon konnte sich auch der Landrat überzeugen. Kaum hatten ihm Schüler eine Schutzbrille überreicht, da führten ihm die „Physikanten und Chemiechaniker“ auch schon verschiedene Experimente rund ums Thema Wasser vor. Passend dazu schüttete es wie aus Eimern. Gut, dass die jungen Forscher ihre „Labore“ zwar an der frischen Luft, aber unter einer Überdachung aufgebaut hatten. Unter anderem zeigten sie, wie mit einfachen Mitteln eine Lava-Lampe hergestellt werden kann. Dabei machte Taghi-Khani als Nicht-Brillenträger erstmals die Erfahrung, dass die Kombination aus Schutzbrille und Mund-Nasen-Bedeckung suboptimal ist, da die Gläser vor den Augen gerade bei Feuchtigkeit in Nullkommanichts beschlagen.

Die Schüler indes behielten bei ihrer Präsentation den Überblick und erläuterten ihre durch die Experimente gewonnen Erkenntnisse. Ob Chemie, Physik, Deutsch, Erdkunde oder auch Fremdsprachen – in der Sommerschule werden die verschiedensten Unterrichtsinhalte vermittelt. „Anders als im Schulalltag erhalten die Kinder einen Arbeitsauftrag und dürfen dann zum Beispiel selbst recherchieren. Es geht auch um Selbständigkeit beim Lernen – und da nehmen sie auf jeden Fall etwas mit“, erläuterte Bosselmann. Und weiter: „Bislang läuft es in allen Gruppen ganz gut. Es sind sicher auch ein, zwei Schüler da, die nicht ganz freiwillig teilnehmen, aber im Großen und Ganzen sind alle mit viel Spaß dabei.“ Das habe sich auch an den ersten Vormittagen gezeigt, in denen im Zuge von Erdkunde-Abenteuern „Stadt, Land, Fluss“-Meister ermittelt worden seien und die Kinder eine Menge über die 16 deutschen Bundesländer gelernt hätten. Auch in den „Schnitzeljagd“-Kursen seien die Schülerinnen und Schüler mit Feuereifer dabei. „Hier treten zwei Gruppen gegeneinander an. Sie erstellen Rätsel zu Themen aus ihren Lieblingsfächern, die die jeweils andere Gruppe im Rahmen einer Schnitzeljagd lösen muss“, berichtete Bosselmann. Abwechslungsreich geht es in der Sommerschule nun weiter mit Angeboten wie zum Beispiel Töpfern unter fachkundiger Anleitung, Quiz-Duellen und einer Spieleolympiade. Taghi-Khani kann sich durchaus vorstellen, dass es eine Wiederholung der Sommerschule geben wird, auch als Ergänzung der Ferienpassaktionen in Schneverdingen. Denkbar sei zum Beispiel eine „Summer School“ in Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg.

Zunächst aber wird nach der diesjährigen Sommerschule Bilanz gezogen. Ostermann regte an, die Ergebnisse in einer Schulleiterkonferenz vorzustellen. Es ist also nicht auszuschließen, dass die Ferienangebote der KGS und der GOBS Bispingen Schule machen. Auf die Frage des Landrates an die jungen Teilnehmer, ob jemand im nächsten Jahr wieder mit dabei wäre, antwortete nicht nur „Jungforscher“ Leon: „Ich würde wieder mitmachen.“

 

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