Pressespiegel

Unternehmer für eine Woche

 

In der Rolle von Managern lernen Schneverdinger Schüler bei einem Planspiel etwas, das sie in der Schule vermissen

 

Von Philipp Hoffmann

 

Schneverdingen. Bevor die Firma World of Electronics zur Sache kommt, gibt es erst einmal Süßes. Malin Ahrens und Louisa Neufeldt gehen mit einem Korb Schokolade mit dem Emblem ihrer Firma herum. Die potenziellen Kunden ihres Produkts sollen sich wohlfühlen. An ihre Faltblätter haben die Firmenmitarbeiterinnen mit Kabelstücken Visitenkarten gebunden. Pfiffig. Denn das Produkt, das sie verkaufen wollen, hat mit Kabeln zu tun. Oder gerade nicht.

Es geht um eine technische Innovation, kabellose Ladestationen für Smartphones und Notebooks. Ein Großauftrag winkt. Eine französische Firma will eine Million Stück kaufen. Doch World of Electronics hat harte Konkurrenz: Zwei andere Firmen, die Sons AG und die UTech AG, haben ebenfalls solche Geräte entwickelt. Es gilt, besser zu sein. Das heißt an diesem Abend: sich besser zu präsentieren.

Die Firma World of Electronics gibt es in Wirklichkeit nur auf dem Papier. Besser gesagt, im Computer. Sie ist eine von drei Firmen, die Schneverdinger Oberstufenschüler im Management Information Game (MIG) gegründet haben. Das ist ein Planspiel, das betriebswirtschaftlliches Handeln simuliert. Jedes Jahr nimmt die KGS Schneverdingen an dem einwöchigen Projekt teil, zum dritten Mal hat die Kreissparkasse Soltau das in diesem Jahr unterstützt.

Auf die Verkaufsstrategie kommt es der Jury an

Als Vorstandsvorsitzender, technischer Direktor und Verkaufsmanager versuchen die Schüler der 11. und 12. Klassen, im Schneverdinger Sparkassengebäude ihr Produkt an den Mann und die Frau zu bringen. Das sind in diesem Fall Mitarbeiter und Chefs ausgewählter Firmen der Region. Sie mimen die Einkäufer. Nicht so sehr die technischen Details interessieren sie, sondern die Art und Weise, wie die Gymnasiasten sich verkaufen.Das machen alle ziemlich gut. Jede Rückfrage, selbst auf Englisch und Französisch, meistern sie. Oft müssen sie sich spontan etwas einfallen lassen, aber nie sind sie um eine Antwort verlegen, alles wirkt durchdacht. Anderthalb Tage haben sie für die Vorbereitung ihrer Präsentationen gehabt, zwei Gruppen haben bis spät in die Nacht gearbeitet, die dritte e sogar bis unmittelbar vor dem Auftritt . Neben Faltblättern und Werbegeschenken haben sie Bildschirmpräsentationen erstellt. Und sogar Probestücke ihrer Produkte dabei.

„Wir brauchen Teamfähigkeit und Neugier“ Thomas Sandkühler, KGS-Lehrer

Ein Schüler gibt ein Stück Mooreiche herum. In diesem Design, erklärt er, sei das Ladegerät seiner Firma außer in Weiß und Schwarz noch zu erhalten. Mooreiche, aus diesem Material fertigt der Vater des Schülers Messergriffe. Jeder bringt beim MIG ein bisschen was aus seiner eigenen Lebenswelt mit. Die Schülerin mit den süßen Werbegeschenken ist die Tochter eines örtlichen Lebensmittelmarktbetreibers. Und das professionell wirkende Faltblatt seiner Firma hat ein Schüler erstellt, der die neueste Version eines Bildbearbeitungsprogramms auf dem Rechner hat.

Die Gäste schlüpfen nicht nur in die Rolle der Einkäufer, sie sind auch die Jury. Am Ende hat die Sons AG die Nase vorn, knapp gefolgt von World of Electronics und UTech AG. Doch eigentlich seien alle 21 Schüler die Gewinner, sagen Stefan Kreipe vom Sparkassenvorstand und Spielleiter Andreas Mätzold überein- stimmend. Denn sie hätten nicht nur technisches Verständnis und unternehmerisches Geschick gezeigt, sondern vor allem auch übergeordnete Fähigkeiten unter Beweis gestellt: sicher auftreten, frei sprechen, Menschen mitnehmen und überzeugen.

KGS-Politiklehrer Thomas Sandkühler denkt an den oftmals schwierigen Übergang von der Schule in die Wirtschaft und freut sich daher über solche Worte besonders. „Wir brauchen Neugier, Ausdauer, Teamfähigkeit“, postuliert er und wendet sich den Schülern zu: „Ich hoffe, dass ihr nun selbstbewusst in Vorstellungsgespräche gehen könnt.“

Für die Schüler spricht Marc- Antonio Göttsche von einer „tollen Möglichkeit, Wirtschaft hautnah kennenzulernen“. Unternehmerisches Denken lerne man in der Schule nämlich nicht, ergänzt er. Und lässt damit unwillkürlich eine Frage im Raum aufkommen: warum eigentlich nicht?

 

Quelle: Böhme-Zeitung vom 7. Oktober 2017

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