Ausgewählte Geschichten
Kreatives Schreiben – das war das Motto des Wahlpflichtkurses für Realschüler (WPR) Deutsch in Jahrgang 7. Und so legten die Schülerinnen und Schüler los, um sich an kurzen Krimis zu versuchen, spannende Geschichtsanfänge weiterzuschreiben und sich von Bildern inspirieren zu lassen. Die besten Ergebnisse werden nun veröffentlicht – viel Spaß beim Schmökern und herzlichen Dank den Autorinnen und Autoren.
Auf dem Foto von links nach rechts: Johanna Fast, Milena Dähn, Finn-Luca Fröhlich, Juline Thamm und Melinda Stefan. Es fehlt Leon Schulz.
Das komische Etwas (Von Leon Schulz)
Es war Freitagabend. Ich wohnte mit meiner Familie auf dem Land, wo es große Berge gab. Plötzlich entdeckte ich auf einem Berg ein undefinierbares Leuchten – es sah aus wie der Mond, der sich langsam zu einem Vollmond bildet, aber das Komische daran war, dass der Mond aussah, als würde er brennen. Somit beschloss ich, mich in der Nacht heimlich hinauszuschleichen, wenn meine Familie schlief.
Die sonderbare Erscheinung war auf einem hohen Berg, aber ich wusste, wie ich dort ohne Probleme hinaufkomme. Also machte ich mich gegen 2 Uhr nachts auf den Weg zum Berg, wo das Etwas leuchtete. Nach einem langen Fußweg kam ich endlich an und sah eine alte Sitzbank aus Stahl. Rechts daneben stand ein großer Baum, der einem in der Dunkelheit etwas Angst machte.
Ich ging auf Zehenspitzen zu der Sitzbank und streckte zaghaft meine Hand durch den leuchtenden Ring. Plötzlich fing dieser an zu flackern – erst langsam und dann immer schneller! Ich bekam Angst, rannte schnell zu dem Baum und versteckte mich dahinter. Mein Herz schlug immer schneller. Vorsichtig drehte ich mich um und versuchte zu erkennen, was da vor sich ging und da sah ich, dass die alte Bank verschwunden war. Auf einmal wurde das Flackern wieder weniger, bis plötzlich die alte Sitzbank wieder erschien und darauf saß diesmal eine alte Frau, die mich grimmig anschaute und mit böser Stimme zu mir sagte: „Warum hast du mich geweckt, du kleiner Bengel?“ Ich antwortete mit zitternder und ängstlicher Stimme: „Ent… Ent… Ent… Entschuldigung, iich wu..wusste nicht, dass dort jemand in dem Leuchtring lebt!“ Darauf antwortete die alte Frau mit etwas freundlicherer Stimme: „Nächstes Mal lässt du die Sachen so, wie sie sind und machst keine Versuche damit!“ Ich beeilte mich ihr zu versichern: „Okay, ich habe jetzt daraus gelernt und verabschiede mich!“ und dann machte ich mich eilig wieder auf den langen Heimweg zurück zu meiner Familie.
Alles in allem war das heute ein spannender, aber zugleich auch ein sehr beängstigender Morgen und somit verabschiede ich mich auch von euch, damit ich mich von diesem Abenteuer erholen kann.
———-
Die alte Spuk-Villa (Von Finn-Luca Fröhlich)
Die alte Villa lag etwas abseits der Straße. Schon seit langem wohnte niemand mehr darin, denn es fand sich kein Käufer dafür, weil es doch angeblich darin spuken soll. Natürlich wusste niemand Genaueres, aber viele wollte Geräusche gehört und Schatten gesehen haben. Wir wohnten fast gegenüber von der Villa und ich konnte sie von meinen Fenstern aus sehen. Wir, das waren meine Schwester, meine Eltern, mein Opa und unser Spaniel Toby. Es geschah am Abend des 17. Novembers 2005. Ich saß zusammen mit meiner Schwester in meinem Zimmer und schwitzte über den Mathehausaufgaben. Draußen war es bereits dunkel, es nieselte leicht und die Zweige des alten Kirschbaumes schlugen gegen das Fenster. „Puh, ist das ungemütlich draußen´´, dachte ich. Ich beugte mich wieder über eine Rechenaufgabe, als ich auf einmal ein Licht gegenüber im Fenster der Villa aufblitzen sah.
Ich erschrak und war sprachlos. „Wa… wa.. was war das?“ Ich überlegte einen Moment und beschloss, zur Villa zu gehen. Es wurde immer windiger und stürmischer. Ich zog mich an und zitterte- mittlerweile hatte der Wind draußen schon fast Orkanstärke erreicht. Meine Schwester kam zu mir und meinte, dass sie mitkommen wollte. Ich nickte nur. Als wir vor der Tür der Villa standen, sagte ich zu meiner Schwester: „Du bleibst hier, bis ich wieder da bin. ´´ Sie nickte ängstlich. Ich wollte die Tür öffnen, doch sie war verschlossen, also suchte ich irgendein Fenster, was vielleicht offen war. Und tatsächlich! Von einem Baum reichte ein dicker Ast zu einem offenen Fenster. Ich kletterte hinauf und gelangte auf diesem Weg in die Villa. Es war dunkel in dem Zimmer, in das ich gelangt war und ich ging ein paar Schritte nach vorne. Auf einmal hörte ich einen Knall. Ich schaute nach hinten und sah, dass das Fenster zugeschlagen war. Langsam ging ich aus dem Zimmer in den Flur und versuchte, das Licht anzumachen, doch es flackerte nur. Also nahm ich meine Taschenlampe und schlich mit zitternden Händen weiter. Ich suchte das Zimmer, aus dem das Licht gekommen war.
Als ich in einen kleineren Raum kam, entdeckte ich dort lauter interessante Sachen, und so schaute ich mich ein bisschen um. Doch auf einmal hörte ich Geräusche aus dem Flur… ich erschrak- das waren eindeutig Schritte!!! Auf einmal kam ein Schatten um die Ecke und ich fing laut an zu schreien. Eine Stimme sagte: ,,Beruhige dich, ich bin`s nur, deine Schwester!“ „Ich hatte dir gesagt, du sollst draußen bleiben“, rief ich wütend. Als ich mich wieder beruhigt hatte, gingen wir zusammen weiter. Schließlich fanden wir den Raum, aus dem wir das Licht gesehen haben mussten. Ich versuchte, das Deckenlicht anzumachen, doch es ging nicht. Da ging ich ans Fenster und überlegte. Ich machte meine Taschenlampe aus, als es im Zimmer plötzlich für ein paar Sekunden ganz hell wurde und da hatte ich die Lösung! Ich sagte laut: ,,Der Mond!´´ Meine Schwester fragte verwirrt: ,,Was?´´ Ich antwortete stolz : ,, Der Mond ist heute sehr hell und es ist bewölkt und sehr windig. Wenn die Wolken auseinanderreißen, blitzt der Mond auf die Scheibe und da es heute so windig ist, sind die Wolken sehr schnell!“ Wir gingen beruhigt zurück nach Hause und ich machte uns einen warmen Tee. Wir waren uns nach diesem Erlebnis sicher, dass es in dem Haus nicht spukt. Ich machte meine Mathehausaufgaben weiter und war dankbar für die spannende Abwechslung.
Ungefähr eine halbe Stunde später ging die Tür der Villa auf und zwei Polizisten kamen heraus. Ich lief auf die Straße und fragte: „Officer… Officer…! Warum waren Sie in der Villa?“ Die Polizisten antworteten leicht nervös: „Eine Fußgängerin hat uns gemeldet, dass Schreie aus der Villa gedrungen sind. ´´ Darauf antwortete ich: „Ich hätte das gehört, ich wohne genau gegenüber und habe das Fenster die ganze Zeit auf, dort war nichts!“ „Oh, danke für deine Hilfe, Mädchen.´´ Den Rest des Abends passierte nichts mehr. Meine Schwester fragte mich: „Warum hast du die Polizei angelogen?„ Ich antwortete: „Eigentlich darf man nicht einfach in eine fremde Villa hineingehen – ich will nicht wegen Hausfriedensbruch Ärger bekommen, also waren wir ganz einfach nicht da.“
——————–
Die Leiche im Kofferraum (Von Milena Dähn)
Ein junges Mädchen namens Elena nahm bei einer kränklichen Dame eine Stelle als Gesellschafterin an. Auf der Fahrt zu ihrem neuen Arbeitsplatz kam sie in einen Wald, der dicht vom Nebel durchdrungen war. Vor lauter Nebel kann sie vom Weg ab. Sie landete auf einem verlassenen Campingplatz, wo keine Menschenseele war, nur in einer einsamen Hütte brannte Licht. Elena ging unsicher darauf zu. Vorsichtig machte sie die alte Tür auf und guckte nervös durch einen Spalt in das kleine Haus. Darin war ein etwas älterer Mann. Sie sagte zu ihm: ,,Entschuldigen Sie, ich habe mich verfahren!“,, Wollen Sie etwas trinken, ich hätte Tee anzubieten“, sagte der Mann. ,,Ja, gerne.“ So tranken sie Tee zusammen und als Elena ihm erzählte, was passiert und wohin sie unterwegs war, bat er sie, der Dame ein paar Forellen mitzubringen, die er selbst in einem See gefischt hatte, nicht weit von dort. Er verstaute etwas im Kofferraum ihres Autos.
Kurz nach ihrer Abfahrt vom Campingplatz, nachdem sich der Nebel wieder gelichtet hatte, wurde Elena von der Polizei angehalten. ,,Ihr Wagen wird durchsucht!“ ,, Wieso?“ ,, Wir haben ein anonymen Hinweis erhalten, dass sich in Ihrem Kofferraum eine Leiche befindet.“ ,,Was – eine Leiche in meinem Kofferraum! Da ist keine Leiche, aber sehen Sie ruhig nach, Sie werden sehen, Sie werden nichts finden.“ – ,,Und was ist das?“ Elena guckte verstört in ihren Kofferraum. „Ich habe diese Person noch nie gesehen. Das muss ein großer Irrtum sein! Ich habe noch nie in meinem ganzen Leben irgendjemanden umgebracht!“, schrie Elena aus vollem Hals. Aber niemand beachtete sie. Die Polizei legte ihr Handschellen an und brachte sie ins Polizeifahrzeug. Sie war ratlos. „Was soll ich denn nur sagen, um die Beamten zu überzeugen, dass ich nichts mit der Sache zu tun habe?“, dachte sie und suchte verzweifelt nach einer Lösung.
Plötzlich bemerkte sie den jungen Mann, den sie kurz zuvor getroffen hatte. Diesmal trug er Dienstkleidung und schaute sie durchdringend an. Er näherte dem Auto, öffnete die Wagentür und flüsterte ihr ins Ohr. “Ich kenne deine Vergangenheit…… Ich weiß über diesen geheimnisvollen Besuch beim Arzt Bescheid.“ Elena brach in Tränen aus, die Gedanken ließen sie nicht mehr los. „Wer bin ich? Ich habe doch eine neue Arbeitsstelle bekommen, ich – ein junges Mädchen, was ist denn los? “ In diesem Moment kam ein anderer Polizist zu ihr und fragte: „Frau Wehlner, was haben Sie in den letzten drei Stunden gemacht? Erinnern Sie sich an etwas?“ In Elena machte sich Panik breit, sie wusste nicht mehr, wer sie war. Sie öffnete ihre Tasche, um ihr Handy rauszuholen. Das Einzige, was ihr geblieben war, war ihren Freund anzurufen. Plötzlich fielen verschiedene Rezepte aus ihrer Tasche. Sie bückte sich, um sie einzusammeln und begann sie zu lesen. Der Arzt hatte ihr starke Medikamente gegen Depressionen verschrieben. ,,Warum?“ , dachte sie. Sie versteckte schnell die Rezepte, so dass niemand sie bemerkte. Aber als sie sich abrupt bewegte, fiel ein blutiges Messer aus ihrer Tasche. Jetzt wurde alles klar.
——————–
Mord auf Schloss Katzenfels (Von Johanna Fast & Melinda Stefan)
Es ist frühmorgens. Die Sonne steigt gerade auf, als die Haushälterin Wencke Kürtig das Schloss Katzenfels verlässt, um einen kurzen Spaziergang im Wald zu machen, bevor sie für die Herrschaften das Frühstück zubereiten muss. Als sie an dem Zimmer der Gräfin Else von Reihbach vorbeikommt, macht sie einen erschreckenden Fund. Unter dem Balkon, beinahe zwischen den Büschen versteckt, liegt die Gräfin mit einem grün- blauen, fest zugeknoteten Seidentuch um den Hals! Wencke Kürtig schafft es noch, einen schrillen Schrei auszustoßen, bevor sie in Ohnmacht fällt. Durch den Schrei aufgeweckt kommt Hugo von Reihbach im Schlafanzug auf den Balkon und sieht unten die Haushälterin ohnmächtig auf dem Boden liegen. Schnell weckt er die anderen Schlossbewohner, um mit ihrer Hilfe die Haushälterin ins Schloss zu bringen. Als sie bei Wencke ankommen, entdecken auch sie die Gräfin. Hugo, der gerade der Haushälterin aufgeholfen hat, lässt sie wieder fallen und stürzt zu seiner Frau. Sofort fühlt er ihren Puls, doch ihr Herz schlägt nicht mehr. Ihr Körper ist eiskalt und erstarrt. Er lässt sich auf die feuchte Erde fallen und beginnt zu schluchzen. Die erschöpfte Haushälterin wird ins Schloss gebracht, doch den Leichnam der Gräfin lassen sie schweren Herzens liegen, damit die Polizei, die sofort gerufen wird, vielleicht noch Spuren sichern kann.
Als zehn Minuten später die Polizei mit dem Kommissar, einem älteren, freundlichen Herren eintrifft, ist Wencke auch schon wieder halbwegs ansprechbar. Sie erzählt, was sie gesehen hat. Nach Wencke befragt der Kommissar jede Person einzeln, was sie in der vergangenen Nacht zwischen 23 Uhr und 6.40 Uhr getan oder bemerkt hat. Hugo berichtet: „Als ich gestern gegen 22 Uhr in mein Zimmer kam, schlief ich schon fast im Stehen ein. So beeilte ich mich, schnell ins Bett zu kommen, wo ich auch sofort eingeschlafen bin. Ich bin erst gegen 2.30 Uhr aufgewacht, weil ich auf die Toilette musste. Da meine Toilette aber gerade defekt war, musste ich wohl oder übel im Erdgeschoss aufs Klo. Auf dem Rückweg sah ich eine Gestalt über den Flur huschen und wachte endgültig aus meinem Halbschlaf auf. Ich war mir nicht sicher, ob es nur Einbildung war oder nicht. Später im Bett hörte ich Schritte, die in das Schlafzimmer meiner Frau führten. Vor Müdigkeit konnte ich aber nicht mehr nachsehen.“
Der Kommissar befragt nun auch die restlichen Schlossbewohner und so auch Dolly Mommsen, die ihre Freizeit mit dem Neffen der Gräfin, Leo Lebemann, hier verbringt. Tag für Tag kommt sie ins Schloss. Sie erzählt:,,Ich wollte mich gestern Abend mit Leo treffen, um mit ihm in eine Bar zu gehen. Als ich zum Schloss kam, war das Tor offen. Ich ging hinein und da ich mich nicht auskannte, musste ich erst Leos Zimmer suchen. Ich fand es im 1. Stock mit einer offenen Balkontür. Ich weckte ihn auf und zusammen gingen wir in die Bar ,,Am wilden Fluss“. Das war so gegen 3:00 Uhr. Danach hat Leo mich noch nach Hause begleitet.“ Leo ist gar nicht froh, dass er jetzt befragt werden muss. Er ist traurig über den Tod seiner Tante. Trotzdem erzählt er: ,,Ich habe den Abend mit Hugo verbracht. Als wir dann schlafen gingen, war es ungefähr gegen 22:00 Uhr. Ich wurde so gegen 2:40 Uhr von Schritten und einer leise knarrenden Tür im Stockwerk unter mir geweckt. Kurz darauf kamen Schritte meine Treppe herauf und dann in mein Zimmer. Ich erkannte Dolly, die mich abholen wollte, um in eine Bar zu gehen. Als wir gemeinsam das Schloss verließen, musste ich aufpassen, dass der Schlüssel im Schloss nicht quietscht. Später habe ich Dolly noch nach Hause gebracht.“ Nach diesen Gesprächen weiß der Kommissar, wer die Gräfin erwürgt hat. Du auch?
—————–
Spuk in der Villa (Von Melinda Stefan)
Die alte Villa lag etwas abseits der Straße. Schon seit langem wohnte niemand mehr darin, denn es fand sich kein Käufer dafür, weil es doch angeblich darin spuken sollte. Natürlich wusste niemand Genaueres, aber viele wollten unheimliche Geräusche gehört und Schatten gesehen haben. Wir wohnten fast genau gegenüber von der Villa und ich konnte sie von meinem Fenster aus sehen. Wir, das waren meine Schwester, meine Eltern, mein Opa und unser Spaniel Tobi. Es geschah am Abend des 17. November 2005. Ich saß zusammen mit meiner Schwester in meinem Zimmer und schwitzte über den Mathehausaufgaben. Draußen war es bereits dunkel, es nieselte leicht und die Zweige des alten Kirschbaumes schlugen gegen das Fenster. „Puh, ist das ungemütlich draußen“, dachte ich.
Ich beugte mich wieder über eine Rechenaufgabe, als ich auf einmal ein Licht gegenüber im Fenster der Villa aufblitzen sah. Dann sah ich einen Schatten an der Wand entlanghuschen. Als ich mich umdrehte, um zu gucken, ob meine Schwester den Schatten und das Licht auch gesehen hatte, sah ich sie verängstigt auf dem Sofa sitzen. Nach kurzer Pause fragte sie: „Wa-was war das? “ „Ich weiß nicht“, sagte ich und versuchte, möglichst gelassen zu erscheinen, denn ich wollte meine Schwester nicht noch ängstlicher machen als sie ohnehin schon war. „Wollen wir gehen und nachschauen?“, fragte ich sie unsicher. „Ohne Papa und Mama gehe ich dort nicht hin!“, sagte sie. Doch da Mama und Papa noch beim Einkaufen waren, beschlossen meine Schwester und ich schweren Herzens, doch alleine zu gehen.
Unterwegs zur Haustür schnappte ich mir noch vorsichtshalber die kleine Taschenlampe und dann gingen wir los. Draußen empfing uns leichter Nieselregen. Eigentlich mochte ich diese Jahreszeit, aber jetzt passte der eklige Regen mir überhaupt nicht. Langsam gingen wir den langen umwucherten Pfad zur Villa entlang. Mittlerweile war es schon fast ganz dunkel geworden. Erschrocken zuckte ich zusammen, als dicht über meinem Kopf eine Fledermaus vorbeiflog. Dann war der Pfad zu Ende und wir standen vor einem Garten, der aussah, als hätte er es mal wieder dringend nötig, gepflegt zu werden. Überall waren Unkraut und hohe Sträucher. Ich bahnte mir einen Weg durchs Gestrüpp und meine Schwester schlich ängstlich hinter mir her. Mein Herz klopfte wie verrückt, als ich vorsichtig versuchte, die Vordertür der Villa zu öffnen. Enttäuscht bemerkte ich, dass sie verschlossen war. Aber da ich wusste, dass die Villa noch eine Hintertür hatte, beschloss ich, es dort noch einmal zu versuchen. Und tatsächlich – die Tür war nicht verschlossen! Leise öffnete ich sie und wir gingen hinein. Neugierig schaute ich mich um. Eigentlich sah es hier wie ein ganz normales unbewohntes Haus aus, aber irgendwas war daran anders. Unheimlich laut hallten die Schritte in der Villa, die von draußen gar nicht so groß schien wie von innen. Leise gingen wir durch alle Zimmer der unteren Etage, aber nirgends entdeckten wir etwas Auffälliges, geschweige denn einen Menschen, der das Licht hätte aufblitzen lassen können. Da meine Schwester Angst hatte, wollte sie so schnell wie möglich weg und wenn ich ehrlich war, hatte ich auch nicht mehr den Mut, auch noch die obere Etage zu erkunden. Also gingen wir wieder durch die Tür nach draußen und liefen den langen Pfad zurück nach Hause.
Als ich mich abends ins Bett legte, konnte ich nicht einschlafen. Während meine Schwester schon lange schlief, musste ich immer wieder über das Geschehene nachdenken. Ich ärgerte mich, weil ich nicht auch noch oben nachgeschaut hatte. Gegen Mitternacht schlief ich dann doch ein.
Ein paar Tage später saß ich wieder am Schreibtisch und malte ein Bild, wie ich mir mein neues Zimmer vorstellte. Diesmal war es Nachmittag und draußen war es noch hell. Als ich so dasaß und malte, musste ich über den Besuch in der Villa nachdenken. Gedankenverloren schaute ich auf das abgelegene Gebäude und plötzlich sah ich eine Gestalt an einem Fenster des oberen Geschosses vorbeihuschen. So beschloss ich kurzerhand, noch einmal rüberzugehen und nachzugucken. Als ich den Pfad zur Villa hochlief und die Tür öffnete, fühlte ich mich beobachtet. Aber egal, dachte ich mir, irgendjemand musste das Rätsel ja mal lösen. Ich ging vorsichtig durch die ersten zwei Zimmer, fand aber nichts. Als ich in das dritte Zimmer ging, hörte ich hinter mir plötzlich leise Schritte. Blitzschnell drehte ich mich um. Ich hatte das Gefühl, zu einer Salzsäule erstarrt zu sein. Hinter mir stand ein großer Mann mit braunen Augen, die mich interessiert musterten. „Was machst du hier?“, fragte mich der Mann mit tiefer Stimme. Es dauerte eine Weile, bis ich meine Sprache wiederfand. Doch dann sagte ich ohne Scheu: „Das Gleiche könnte ich Sie ja auch fragen!“ Etwas verdutzt schaute der Mann mich an, damit hatte er nicht gerechnet. „Ich habe dich zuerst gefragt“, sagte er. Eigentlich wollte ich es nicht sagen, doch dann erzählte ich ihm, dass ich gekommen war, um nachzusehen, warum Licht in einer verlassenen Villa aufblitzt. „Kann es sein, dass du vor ein paar Tagen schon mal hier warst, mit einem kleinen Mädchen?“, fragte er. Nach einer kurzen Pause sagte ich ihm dann: „Ja, ich war hier, aber jetzt sagen Sie mir bitte, was Sie hier suchen?“ Nachdem ich dem Mann versprochen hatte, dass keiner etwas davon erfahren würde, erzählte er es mir: „Diese Villa ist ein Erbstück. Von Generation zu Generation. Diese Villa besaßen schon meine Urgroßeltern und so kam sie schließlich auch zu mir. Da ich aber hoch verschuldet war, musste ich sie verkaufen. Jetzt arbeite ich immer Nachtschicht, um wieder genügend Geld aufbringen zu können, damit ich mir die Villa wieder zurückkaufen kann. Damit sie aber niemand anders vor mir kauft, spuke ich zum Spaß ein bisschen rum und es klappt sogar ganz gut. Keiner will hier wohnen. Mir fehlt nicht mehr viel Geld und ich kann sie mir bald zurückkaufen.“ „Ach so“, sagte ich und ging beruhigt nach Hause. Auch so kann man seine neuen Nachbarn kennenlernen.
————-
Die alte Villa (Von Juline Thamm)
Die alte Villa lag etwas abseits der Straße. Schon seit langem wohnte niemand mehr darin, denn es fand sich kein Käufer dafür, weil es doch angeblich darin spuken sollte. Natürlich wusste niemand Genaueres, aber viele wollten unheimliche Geräusche gehört und Schatten gesehen haben. Wir wohnten fast genau gegenüber von der Villa und ich konnte sie von meinem Fenster aus sehen. Wir, das waren meine Schwester, meine Eltern, mein Opa und unser Spaniel Tobi. Es geschah am Abend des 17.November 2005. Ich saß zusammen mit meiner Schwester in meinem Zimmer und schwitzte über den Mathehausaufgaben. Draußen war es bereits dunkel, es nieselte leicht und die Zweige des alten Kirschbaumes schlugen gegen das Fenster. „Puh, ist das ungemütlich draußen“, dachte ich.
Ich beugte mich wieder über meine Rechenaufgaben, als ich auf einmal ein Licht gegenüber im Fenster der Villa aufblitzen sah – ich erschrak. Rasch drehte ich mich um zu meiner Schwester, die konzentriert am Lesen war. Ich drehte mich wieder zurück und guckte aus dem Fenster. „Komisch, die alte Villa ist wieder stockduster“, dachte ich. Gerade als ich meine Mathehausaufgaben weitermachen wollte, blitzte schon wieder ein Licht in der alten Villa auf. Dieses Mal sah es meine Schwester auch. Sie sagte: „Es war wahrscheinlich nur ein Blitz.“ „Ich könnte aber schwören, dass es von innen kam“, sagte ich, aber meine Schwester beachtete mich nicht mehr. Ich rannte die Treppe hinunter und zog mir rasch meine schwarzen Lederstiefel, meine gelbe Regenjacke und meinen schwarz-pink-karierten Schal an. Ich packte mir noch eine Taschenlampe und sicherheitshalber mein Taschenmesser ein. Meine Mutter kam fragend auf mich zu. Na toll, das fehlte mir jetzt auch noch! Ich sagte zu ihr, ich müsse was Dringendes erledigen und schon schlüpfte ich aus der Tür.
Bei der alten Villa angekommen, blieb ich vor der Tür stehen. „Unheimlich“, dachte ich mir, aber ich nahm allen Mut zusammen und ging rein. Ich schaltete meine Taschenlampe an und ging den Flur entlang. Komisch, es sah alles so neu aus. Am Ende des Flures war eine Tür. Ich war neugierig, also öffnete ich sie und ging in den Raum hinein. Auf einmal ging meine Taschenlampe aus. Mist, Batterie leer! Plötzlich wurde der Raum gleißend hell. Instinktiv wich ich einen Schritt zurück, doch da stand ein Mann. Ich erschrak und fragte mit ängstlicher Stimme: „Was machen Sie hier?“ „Das Gleiche könnte ich dich auch fragen“, sagte der Mann. Ich griff nach meinem Taschenmesser und holte es raus. Er sagte, ich solle mich beruhigen und mich erstmal hinsetzen. Ich setzte mich auf ein älteres Sofa. Ängstlich angespannt saß ich da und er fing an zu erzählen: „Ich bin Leo Reiner, meine Mutter wohnte hier vor mehreren Jahren. Jetzt wohne ich hier. Und was machst du hier?“ Ich schaute ihn ängstlich an und fing trotzdem an zu erzählen: „Ich saß in meinem Zimmer und hab` ein Licht in der alten Villa aufblitzen sehen. Ich hab` mich gewundert, weil die Villa ja schon Jahre leer steht, also bin ich nach unten gerannt, habe meine Sachen gepackt, bin losgegangen zur Villa und jetzt sitze ich hier.“ Ich saß immer noch angespannt auf dem Sofa und wartete auf eine Antwort. Leo Reiner sah mich an. Mir fiel plötzlich auf, dass ich Hausfriedensbruch begangen hatte und ich hatte ein schlechtes Gewissen. Ich presste ein „Entschuldigung!“ heraus. Leo guckte mich mit einem Lächeln an und sagte: „Alles gut, ich werde dich nicht verraten. Als Entschuldigung kannst du mit deiner Familie morgen zum Kaffee vorbeikommen.“ „Das klingt gut, ich muss jetzt auch los“ sagte ich und verabschiedete mich.